Tennengebirge 4.7.-10.7.2009

 

Sa, 4.7.

 

Am Mittwoch gab es Ferien und mit Arbeiten am Stundenplan und Aufräumen waren der Donnerstag und Freitag gefüllt, nebenbei wurde der Rucksack gepackt, um früh am heutigen Morgen in Deutz in der ICE zu steigen, der uns in diesem Jahr den Bergen näher bringen sollte. Die Fahrt verging ohne Zwischenfälle und teilweise buchstäblich wie im Schlaf, so dass wir schon nach sieben Stunden in Golling auf dem Bahnsteig standen, wo uns Rainer und Ulla Karrie bereits erwarteten.

Die Gruppe besteht in diesem Jahr aus 11 Personen, fünf Erwachsenen und sechs Schüler(inne)n, wovon nur Sebastian bereits im Vorjahr dabei war, während die anderen von Uli neu rekrutiert wurden.

So aufgestellt stiegen wir in Golling in den Bus, in Abtenau in die Seilbahn, um die ersten Höhenmeter komfortabel zu überwinden.

Bald marschierten wir jedoch auch los, wobei der Weg zur Gsengalmhütte (1447m) in einem Märchenwald beginnt, schnell aber steil aufwärts führt. So rann heute früh der Schweiß und die Schlacken der Fahrt und Schulwochen wurden herausgepresst, zumal ein Gewitter in der Luft lag, die Luft schwer und feucht über der Landschaft hing.

Auf der Hütte dann ist einiges los. Weil heute eine Bergmesse (zur Einweihung des Kreuzes auf der Tagweide (2128m)) stattgefunden hat, sind viele Gäste da und freuen sich an Speis´ und Trank. Ab und zu spielt eine Blaskapelle Bergmelodien. Nachdem es etwas geregnet hat und wir am in unserem Lager schnell aufgebauten Biertisch Kaffee und Kuchen genossen haben, sitzen wir nun auf der Terrasse und Roland berichtet von seinen neurophysiologischen Versuchen.

Es ist schön, wieder in den Alpen zu sein.

 

So, 5.7.

 

Nach dem Wecken und Frühstück gegen 8 Uhr machen wir uns um 9 Uhr auf den Weg, der stetig ansteigend und abwechslungsreich zur Tagweide führt. Irgendwie hatte ich mit darunter eine weite Wiesenfläche vorgestellt mit eventuell Rindern, tatsächlich aber ist die Tagweide kurz unterhalb des Gipfelkreuzes auf 2128m gelegen, nicht wirklich zur Viehhaltung geeignet ...  woher wohl der Name stammt? Waren Rinder früher höhentauglicher?

In jedem Fall hatten wir einen langen Aufstieg zu meistern, z.T. über mit Drahtseilen gesicherte Felsbänder und schließlich kühn in Kehren, bis wir die Tagweide erreichten, wo wir eine kurze Rast einlegten.

Die Schüler laufen konzentriert und als ob sie noch nie etwas anderes getan hätten, dabei war – wie schon erwähnt – lediglich Sebastian schon einmal mit auf Tour. Angenehm ist, dass unterwegs wenig geredet wird, so dass man seinen Gedanken nachhängen und die Landschaft genießen kann.

Das helle Kalkgestein ist von grünen Matten durchzogen, auf denen bunte Wildblumen wachsen. Bisher war das Wetter sonnig, und alle Farben strahlten. So floss auch heute der Schweiß in Strömen. Allerdings zogen während der Rast auf der Tagweide Wolken auf, die uns überzeugten, nicht den „Sommerweg“ über die Hochkarfelderköpfe zu nehmen, die imposant vor uns aufragten. Stattdessen ging es ziemlich rutschig bergab zur Laufener Hütte (1726m), wo wir nach

ca. 4 ½ Stunden Gehzeit ankamen. Auch dort waren noch Besucher der Bergmesse anwesend, die sich jedoch nach und nach ins Tal verabschiedeten. Bei strahlender Sonne verbrachten wir die nächste Zeit vor der Hütte. Dabei lernten wir den 75jährigen Heinz kennen, der in dieser Woche mit seiner Frau Inge (dem General) die Hütte bewartet. D.h. sie schenken Getränke aus, überwachen Herd und Sauberkeit, bieten aber keine klassische Bewirtung.

So kochten wir abends mitgebrachte Festtagssuppe mit vielen Nudeln auf dem altertümlichen Holzofen. Im Lauf des Abends schließlich taute auch Inge auf und fachsimpelte mit Uli über den Weiterweg. Endgültig die Herzen gewannen wir mit mehr engagiert als gekonnt vorgetragenen Songs wie „Marmor, Stein und Eisen“, „Über den Wolken“ etc. Heinz hatte sich den Hüttengesangsabend etwas klassischer vorgestellt, wir sanken aber nach einem letzten Besuch bei den Fliegen und Bioklo befriedigt auf die Lager. Ein schöner Tag klang aus.

 

Mo, 6.7.

 

Beim Aufwachen schien noch die Sonne, im Laufe des Tages sollte es sich jedoch ins Negative steigern, vermutlich um eine Begründung für Ulis und meine Kopfschmerzen des Vortages zu liefern.

Aber zunächst verabschiedeten wir uns ausführlich von Inge und Heinz, die uns so sehr ins Herz geschlossen hatten, dass sie uns mit Milkaherzen und Lob für die Jugendlichen verwöhnten.

Um 9 Uhr zogen wir – erneut von Roland geführt – los, der Himmel war bedeckt und ich froh, meiner Haut eine Sonnenpause gönnen zu können. Der Weg führte uns in das Tennengebirge hinein, es ist vom Gestein her dem Toten Gebirge ähnlich, aber nicht ganz so karg. Es gibt Dolinen und Karrenspuren im hellen Gestein, doch führte der Weg auch immer wieder über Grasflächen, und man hörte Vögel zwitschern. Leider zogen Wolken herauf und es begann zu nieseln. Das deuteten wir zunächst nur als Nebelnässen, nach einer Pause in der Nähe des Bleikogelgipfels (2411m) verstärkte sich der Niederschlag schlagartig und wurde zu einem anhaltenden zornigen Gewitterguss ohne Blitz und Donner.

Trotz Wetterkleidung (ich hatte leider den richtigen Zeitpunkt zum Anziehen der Kacke verpasst) waren wir bald bis auf die Wäsche durchnässt und das Wasser stand zentimeterhoch in den Schuhen. So trotteten wir insgesamt sechs Stunden bergauf und –ab durch grandiose Landschaft (von der nicht viel zu sehen war) zur Dr.-Heinrich-Hackel-Hütte (1531m), die wir schließlich froh erreichten. Alle sind tapfer und ohne Klagen gegangen, Respekt !!

Als alle umgezogen waren und die Kleider am Ofen aufgehängt hatten, sah die Welt schon wieder besser aus. So schloss sich wieder ein schöner Hüttenabend an – gerade wird wieder „Vater Abraham“ abgesungen. Abenteuer haben viele Gesichter !

 

Di, 7.7.

 

Am nächsten Morgen waren wir (durch die Einzelbetten) gut ausgeschlafen und die Kleidung, die am Ofen gehangen hatte, war größtenteils trocken.

Nach einem guten Frühstück (ergänzt durch Wildblumenkäse) stiegen wir in die noch nassen Stiefel und abwärts ins Tal, um zunächst auf einer breiten Fahrstraße Richtung Elmaualm wieder bergan zu gehen. Leider war der Wanderweg – vielleicht wegen der heftigen Regenfälle – nur eingeschränkt begehbar, so dass wir den breiten Wegen länger treu blieben, als wir geplant hatten. So konnten wir aber immerhin einem Paar Waldarbeiter beim Fällen einer Fichte zusehen.

Auf der Elmaualm (1530m) gönnten wir uns eine Pause, ein Getränk und einen Besuch im Nostalgieklo etwas abseits mit Herzchen ..., dabei ergab sich, dass Roland schlimme Knieschmerzen entwickelt hatte, die ihn auch an den nächsten Tagen behindern sollten.

So übernahm ich die Führung bergauf zur Werfener Hütte (1969m). Der Weg führte in Kehren stetig bergan. Noch am Fuß des Hanges forderte ein Schild die Wanderer auf, Holz mit zur Werfener Hütte hinauf zu nehmen. Also packten sich einige von uns noch ein Scheit auf den Rucksack und stiegen auf.

Nach 4 ½ Stunden Gehzeit kamen wir so auf der Hütte an, wo uns eine nette Wirtin begrüßte. Wir fanden unseren Schlafplatz in einer Art Winterraum, wo wir uns gut ausbreiten konnten. Der Waschraum nebenan wartete mit Bioklo und Waschschüsseln auf, das Wasser wurde frisch aus einem Hahn oder Tank gezapft und nach Benutzung über das Geländer der Terrasse gekippt.

In einem engen Gastraum verging der Nachmittag. Die Wirtin hatte erst Sorge, ob sie nach einer Wochenendveranstaltung für uns noch genügend Lebensmittel im Vorrat haben würde, und produzierte dann Ströme von Kaffee, Kuchen, später Nudeln mit verschiedenen Soßen. Wieder wurden wir als einzige Gäste fast adoptiert und verwöhnt, während am späten Nachmittag über die Hütte schließlich die erwarteten schweren Niederschläge niedergingen, derentwegen wir morgens eine Stunde früher losgegangen waren.

Zwischendurch genossen wir im Abendlicht die Aussicht, die so überwältigend war, dass man sich vorkam, als könnte man über dem Tal fliegen.

Ein weiteres Highlight waren die zwei Lamas der Hütte, die unerwartet an uns vorbei stürmten. So ging ein ereignisreicher Tag zu Ende.

 

Mi, 8.7.

 

Der Morgen begann mit 6 Grad Celsius und Wolkenfetzen. Deswegen entschieden Uli und Rainer nach einer kurzen Besichtigung, nicht den Weg über die Thronleiter zu nehmen, was Ulla und mich beruhigte. Nicht nur wegen der Umgehung sollten wir abends ca. 7 ½ Stunden unterwegs gewesen sein. Der Weg führte nach deutlichem Höhenverlust zunächst durch das Grießlkar in Kehren durch Schottergelände, schließlich teilweise kletternd, immer wieder durch kleine Schneefelder bergan in die nun kahle Einöde des Plateaus über der Werfener Hütte. Teilweise war der Wegverlauf nur noch zu erahnen, die Markierungen blass, so selten wird er wohl begangen.

Bei unentschiedenem Wetter mit einem Mix aus Schauern und Sonne bei starkem Wind liefen alle ausdauernd und konzentriert mit, die Pausen fielen wegen des Wetters eher kurz aus.

So waren wir froh, den Abzweig zum Dr.-Friedrich-Oedl-Haus zu erreichen, von wo es nur noch 1 ½ Stunden sein sollten. Schon sahen wir uns vor Kaffee und Kuchen – doch es kam anders.

Entgegen aller Beschreibungen in Ulis Bergführerliteratur und allen Erwartungen erwies sich der Weg als kühn und sportlich angelegter, in weiten Teilen mit Drahtseilen versicherter Steig durch die Felswände oberhalb der Hütte. Glücklicherweise konnten alle nochmals mentale und physische Reserven mobilisieren und arbeiteten sich ohne Zwischenfälle zum Ausstieg der Passage durch. Ein Abenteuer, was den „Neuen“ Spaß gemacht und ihnen nun doch noch ein „Leitererlebnis“ beschert hatte!


Das Oedl-Haus (1574m) empfing uns gastfreundlich, ist aber keine Hütte im eigentlichen Sinn. Das alte Haus macht sein Hauptgeschäft mit den Tagesgästen der Eisriesenwelt, die wir erst am Folgetag besuchen wollten. Bis unter´s Dach, wo wir ein geräumiges Matratzenlager und zwei Waschräume haben, ist das Haus von Bratenduft durchzogen. Vielleicht sorgte dies, die schweren Pferdedecken oder das von der Kletterei noch in den Adern pulsierende Adrenalin für Schlaflosigkeit, die Jugendlichen durchschnabbelten jedenfalls die Nacht.

 

Do, 9.7.

 

Durch den Steig, der uns so unerwartet begegnet war, waren wir nun vom Weg zum Leopold-Happisch-Haus abgeschnitten.

Nach einem „Kriegsrat“ beschlossen wir, in Ruhe die Eisriesenwelt zu besuchen (derentwegen wir ja zum Oedl-Haus gegangen waren) und dann einen ruhigen Tag vor Ort zu verbringen, um Rolands Knie zu schonen und nicht erneut den Steig zu durchwandern, der nach Besuch der Eishöhle zu zeitaufwändig wäre, als dass wir die letzte Hütte in – wie in den Beschreibungen angegeben – drei Stunden erreichten konnten.

So sagte Uli zum Bedauern des dortigen Hüttenwirtes den Aufenthalt auf dem Happisch-Haus telefonisch ab.

Die Eisriesenwelt war toll! Man kann einen Kilometer des insgesamt 42 Kilometer langen Höhlensystems besichtigen. Beim Schein von Karbitlampen und Magnesiumfackeln erschließen sich über Treppen steile Eiswände und Formationen aus Eisstalaktiten und –stalagmiten. Sehr besonders!

Der Rest des Tages verkleckerte mit Magnum, Kaffee, dem Betrachten von Touristen und dem An- und Ablegen der Jacken, je nachdem, ob gerade Wolken vor die Sonne gezogen waren oder nicht.

Inzwischen ist der Abend gekommen. Ich darf wieder den Ofen füttern, und nach der Tourkritik wird gesungen. Gerade faszinieren die Lehrer mit „Drunten in der grünen Au“. Vermutlich ist „Vater Abraham“ nicht weit!

Leider ist damit das Ende der diesjährigen Tour schon wieder nah. Morgen fahren wir mit der Seilbahn ins Tal und weiter mit dem Bus nach Werfen, wo wir uns von Rainer verabschieden müssen.

Eine tolle Tour war´s wieder. Durch das abendliche Singen war es keine ganz „stille Durchquerung“ einer abwechslungsreichen Landschaft.

Bin gespannt, was uns nächstes Jahr erwartet. Bis dann!!