Tourtagebuch 2003 - Totes Gebirge

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der Hüttentour

durch das

Tote Gebirge 2.-9.9. 2003

wie immer und in bewährter Weise verfasst von Annette Rabeler

Viel Vergnügen beim Lesen und Schmunzeln !

 

Wieder unterwegs mit Uli, Rainer, Dirk und... ach, ja, den Quiriniern und zwei neuen Mädchen, Sonja und Kanali, aber ohne Heidi. Es ist Mitte der fünften Ferienwoche, die Gedanken an das schnell herannahende Schuljahr sind noch fest verdrängt. Es ist schon Donnerstagabend, wir sind auf der Pühringer Hütte in einem kleinen Raum, dem Winterraum, zusammengepfercht und zum Teil ist es sehr laut, weil das ganze Hüttenspiel-Repertoire zwischen Funken, Mein Hut und Peng abgespult wird, lautes Lachen wird vom engen Raum verstärkt. Noch sind es anderthalb Stunden bis zur Hüttenruhe und ich frage mich, ob ich sie ohne Hörsturz überleben werde.

Zu den letzten Tagen:

Di., 2.09.

Am Dienstagabend ging es los. Als fast letzte (Philipp Sch. stieß erst in Bad Aussee zu uns) gesellte ich mich zur Gruppe, nach Jahren erwartete uns mal wieder eine Fahrt im Liegewagen, den wir in Stuttgart bestiegen, wohin wir ganz luxuriös im ICE anreisten. Wie immer traf ich die Bande gut gelaunt an und die Stimmung steigerte sich, als wir Lehrer und Roland auf das Wiedersehen mit zwei Flaschen Wein an stießen, der uns zudem die nötige Bettschwere für die Nachtfahrt verschaffen sollte. Leider war der Effekt aber über einem fast zweistündigen Aufenthalt auf dem nächtlich trostlosen Bahnhof von Stuttgart wieder fast verflogen. Die Zeit wurde lang zwischen Wurst- und Schupfnudel-Essen, dem Betrachten schrecklicher Präsente in den Auslagen geschlossener Geschäfte und dem Sitzen auf dem zugigen Bahnsteig. Doch schließlich konnten wir in den recht gepflegten Liegewagen steigen. Viel hatte sich hier getan seit den ersten Jahren unserer Wanderwochen, als wir zuletzt im Liegewagen schlummerten, selig von Rexona-Wolken umnebelt! Der Schaffner sammelte zwar auch Fahrschein und Pässe ein, informierte uns aber darüber hinaus, ein Frühstück sei im Fahrpreis „inkludiert“. Leider verpuffte die Freude über diese Neuerung schnell, als sich zeigte, dass wärmende Wolldecken abgeschafft worden waren und ein grünes Nachtlicht das Abteil so effektiv erhellte, dass vor allem die oben schlafenden Rainer und Uli nur wenig Schlaf fanden.

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Mi., 3.09.

Ohnehin endete die Nacht gegen 5.50 Uhr, als wir in Attnang-Puchheim (Schon mal gehört?) ausstiegen. Von dort nahmen wir einen Zug nach Stainach-Irdning (Noch so ein Nabel der Welt!), stiegen aber in Bad Aussee aus und fuhren mit einem Postbus weiter zum Ausgangspunkt unserer Tour. Alles klappte wie am Schnürchen, sodass wir gegen 10 Uhr vom Berggasthof Loser oberhalb von Bad Aussee loswandern konnten. Gern hätte ich einen Abstecher zur Blaa-Alm gemacht (ich vermute, die Schafe machen dort nicht bäh-bäh, sondern bla-bla), doch unser Weg führte uns zum Albert-Appel-Haus.

Sowohl den Loser als auch den Bräuningzinken ließen wir links liegen und widmeten unsere ganze Konzentration dem „mühsamen“ Steig über das hier typische Karstgestein, ein knochenhaft helles Kalkgestein (vielleicht deshalb der Name Totes Gebirge?), das von Wasser oder eiszeitlichem Gletschereis in die merkwürdigsten Formen gebracht wurde. Mal geht man über Platten, die wie auf dem Weg zur Meilerhütte letztes Jahr wie erstarrtes Gletschereis in Spalten und Rinnen geformt sind, mal stehen die Platten senkrecht als jäh abstürzende, zum Klettern einladende Wände, mal liegen sie in Schichten übereinander und bieten bequeme Stufen. Links und rechts vom Weg wachsen Latschen, die aus der Ferne wie dichte Moospolster aussehen und beim Vorbeigehen ihre Zweige und Wurzeln als Kletterhilfe anbieten, der Boden ist mitunter tiefbraun und lässt das Gestein umso weißer erscheinen.

So ging unsere Karawane abwärts... und weiter abwärts zum Hochklapfsattel (1.498 m), wo wir pausierten, dann über eine Alm, auf der eine Vielzahl von verschlossenen Hütten stand, wieder aufwärts in zum Teil urwaldartigem Wald, der Hütte zu. Und da wir schon gegen 14 Uhr ankamen, wurde es ein langer, „teurer“ Nachmittag. Dirk ruhte, wir anderen saßen ausgiebig in der Sonne, immer vom Hüttenwirt aufmerksam mit Getränken und Apfelkuchen versorgt, bis es schließlich Kasnockerln und Gamsbraten gab. Früh begaben wir uns ins Lager, wo es so kalt war, dass das Fenster ausnahmsweise zu blieb.


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Do., 4.9.

Nach einer derart langen, kalten, sauerstoffarmen Nacht standen wir geführt von Rainer und Uli schon vor dem Weckerfiepen um 7 Uhr auf. Nach einem gemächlichen Frühstück und Gruppenfoto zogen wir um 9 Uhr pünktlich los in den frischen Morgen. Viele Pflanzen waren noch bereift, da überraschte es nicht, dass Roland mit noch kalten Sinnen bald den rechten Weg verfehlte. Zur Ehrenrettung sei aber gesagt, dass das Hinweisschild auf der falschen Seite des Baumes befestigt war und erst auf dem Rückweg vom Umweg gut zu lesen war.

Nun ging es ohne weitere Verzögerung ans Tagesprogramm. Erst auf einen Fast-Zweitausender, den Redenden Stein (1.900 m), der aber nix gesagt hat, sondern eine tolle Fernsicht ringsum ermöglichte, auch auf die Schneegipfel des Dachstein. Später auf den Wildgössl (2.066 m). Unterwegs durch vielfältige Gesteinsformationen und manchmal noch von Schneeresten bedeckte Grashänge, dabei boten sich Ausblicke auf die skurril geformten Gipfel des Toten Gebirges und hinab in scheinbar bodenlose Löcher, die typischen Dolinen. Mal ging der Weg fast menschenleer (angenehm nach dem Touriverkehr des letzten Jahres) mehr oder weniger geradeaus durch diese wildschöne Landschaft, dann – kaum war dieses Stoßgebet verhallt – begegneten uns wieder häufiger andere Wanderer, der Weg wurde steiler, schließlich fiel er steil in die Elmgrube hinab.

Gegen 16 Uhr erreichten wir entspannt die wunderschön an einem See gelegene Pühringer Hütte (1.638 m), wo die Bedienung zusehends hektischer und wortkarger wurde, je mehr Gäste ankamen und je zögernder das Bier aus dem Zapfhahn tröpfelte. Einen knappen Teller weiche Spaghetti (die keine waren) später aber kam die Entspannung auf, die den Abend lautstark bestimmte und schließlich in Dirks Lesung gipfelte. Inzwischen ist es 21.42 Uhr, und ich habe ohne Hörsturz und trotz funzeligem Licht ohne Sehschäden endlich meinen Bericht geschrieben. Nun gute Nacht.

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Fr., 5.9.

Wie gestern begann der Morgen um 7 Uhr, doch davon abgesehen war dieser dritte Tag sehr abwechslungsreich. In unserem Lager war es kuschelig warm, dafür in unserem Winterraum eher kühl. Auch das wie das Abendessen eher spartanische Frühstück konnte kalorienmäßig nicht richtig einheizen, selbst wenn man wie Philipp D. das Brot auf der Ober- und Unterseite butterte. Wie froh war ich, mich an die Kaffeetasse klammern zu können und nicht wie Florian in ein buchstäblich “taufrisches“ Fleece steigen zu müssen! Und doch genieße ich die Morgenstunden besonders, auch wegen der erfrischenden Kühle und dem typischen Licht!

Recht bald nachdem wir um 9 Uhr von der Hütte los und an einer steilen Wand des Rotgschirrs entlang gewandert waren, sichteten die Schüler eine Gruppe Gämsen, nicht nur die übliche einsame Verkehrsvereins-Gams! Leider waren sie nicht in Reichweite von Ulis Objektiv. Weiter ging’s gleich aufwärts Richtung Rotkogelsattel (ca. 2.000 m). Schnell erwärmten sich dabei die noch kalten Stiefelsohlen und Knochen.

Der Sattel bildet den Übergang ins Herz des Toten Gebirges. Ein steinernes Herz! Nach einer ausgiebigen Pause unter Sonne, blauem Himmel und bei fast Windstille auf dem Sattel – die Schneebälle flogen gut - traten wir in einen weiten felsigen Trichter, der auf den ersten Blick wie mit Beton ausgegossen schien. Die beschriebenen Felsformationen aus Spalten und Rinnen sah man seltener, hier war die Erosion weiter fortgeschritten und hatte das Gestein in Brocken aller Größen zerlegt. Wir sahen Stücke von Turbinenblockgröße bis zu Stücken in der praktischen „aufgeräumter-Vorgarten“-Körnung. Weiter überwogen die Farben hellgrau und beige, doch ganz wie es sich für ein Herz gehört zeigten manche Stücke auch Adern andersfarbiger Gesteine, manchmal eine zarte ockerfarbene Marmorierung. Wenige Pflanzen wagten, in dieser Wüste Wurzeln zu schlagen, lediglich Moose, etwas Gras und einige Disteln. Nein, das ist ungerecht, auf dem Weg standen auch zwei Enzian und winzige Veilchen. Dabei ist diese Landschaft wohl gar nicht so trocken, wie sie erscheint, denn Schnecken fühlen sich hier wohl. Ich sah eine Reihe Gehäuse unterwegs, am und auf dem Weg liegen.

Eine irre Landschaft! Mir gefällt, wenn möglich, die Tour von Tag zu Tag besser! Auf und ab führte der Weg immer kühner angelegt auf den Fleischbanksattel (2.122 m), teilweise wie auf gemauerten Steigen zwischen tiefen Spalten und Löchern hindurch oder wie ein Klettersteig ansteigend etwas ausgesetzt über diese steingewordene Gletscherlandschaft empor. Auf dem Sattel trafen wir Philipps Vater, der uns ermahnte, beim Abstieg vorsichtig zu sein. In Kehren ging es mehr oder weniger steil abwärts zur Welserhütte (1.740 m), das Geröll war streckenweise schneebedeckt. Auch einige Kletterstellen mit Drahtseilversicherung und Leitern galt es zu meistern, es galt im Geröll abzufahren, beides war aber für die Gruppe kein Problem. Wie an den Vortagen gingen alle an den entscheidenden Stellen konzentriert, halfen sich gegenseitig, bei angemessenem Tempo. Nur als der Weg unter einem dicken Felsblock hindurchführte, wurde es Kanali zum ersten Mal etwas mulmig. Ob er sie nicht im entscheidenden Moment unter sich begraben würde?!

Schließlich erreichten wir die große Welserhütte, wo uns geräumige Lager mit full size-Betten zugewiesen wurden (2 ½-fache Charley-Breite). Die Versorgung klappte trotz der vielen Gäste hervorragend und so sitzen wir nun abgefüllt mit Dhal bhat, Gröstl etc. um den Tisch und unterhalten uns, lesen oder warten bis es Schlafenszeit ist. Ein toller Tag!  

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Sa., 6.9.

Ohne Dirks Gutenachtgeschichte fanden „unsere Kinder“ gestern schlecht in den Schlaf (harharhar), dennoch erwachte ich herrlich ausgeschlafen zur üblichen Zeit. Welch Wohlbefinden eine volle Matratzenbreite und genügend Luft doch schaffen können! Glücksgefühle auch beim Frühstück: heute gab es keine Bergdiät, sondern von allem reichlich. Dirk konnte seine Käsescheiben getrost im Rucksack lassen.

So gestärkt machten wir uns an den Höhepunkt der Tour, den Aufstieg zum (Willst Du viel...) Grossen Priel (2.515m). Das bedeutete zunächst, denselben Weg wieder aufzusteigen, den wir gestern abgestiegen waren, mit frischen Kräften brachten wir das aber viel besser zuwege, als ich gestern Nachmittag vermutet hatte. Vor dem Aufstieg zum Gipfel hatten uns am Vorabend Gäste gewarnt, die mit uns den Tisch teilten. Der Grat sei sehr ausgesetzt, schmal und teilweise schneebedeckt. Als wir uns aber die Verhältnisse ansahen, entpuppte sich der Weg als stark begangen (das Wochenende naht) und so ließen wir unsere Rucksäcke in der Obhut einiger TeilnehmerInnen auf dem gerölligen Vorgipfel zurück und kraxelten zum riesigen Gipfelkreuz. Endlich lohnte sich ein „Berg Heil!“

Wegen der Aussicht sollte man allerdings nicht gekommen sein, denn das Wetter zog zu. Glücklicherweise blieb es jedoch trotz bzw. wegen der Wolken ziemlich mild, auch trocken, was auf dem steilen Abstieg von der Brotfallscharte (2.360 m) günstig war. Schon so war der Weg über Geröll und schneeige Abschnitte etwas rutschig. Mit Hilfe einiger Drahtseilversicherungen konnte man aber gut gehen und es boten sich spektakuläre Fotomotive (Na, wie viele Filme hast Du noch, Uli?)

Ohne lange Pausen erreichten wir nach knapp 6 Stunden Auf und Ab das Priel-Schutzhaus (1.420 m). UiUiUiUiUi! Hier ist es nicht so persönlich wie auf der Welserhütte, dafür gibt’s aber eine Pflanzenkläranlage. Wunder der Technik! Morgen erwartet uns von hier aus unsere längste Etappe, wofür wir schon um 6 Uhr frühstücken und um 6.30 Uhr losmarschieren wollen. Bin gespannt!

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So., 7.9.

Langsam haben wir mit der Wanderung alle Grundnahrungsmittel gestreift: gestern Fleischbanksattel und Brotfallscharte, heute Salzjochsteig, abends Gösser-Bier bzw. Radler. Inzwischen gelten doch Brot und Salz als Willkommensgruß, für uns bedeuten sie jedoch den allmählichen Abschied vom Toten Gebirge.

Nach einer von einigen Tschechen durchsägten Nacht standen wir früh um 5 Uhr auf, um 6 Uhr am Frühstücksbüffet und zogen pünktlich um 6.50 Uhr los (immerhin VOR 7 Uhr!). Flott ging es abwärts an Märchenwiese, „Wo-Ofen-nix-Ofen-sch....!“ vorbei in immer feuchtere, tiefere Gefilde. Nebel lagen über dem Tal und schnell war die Hütte unsichtbar. Soll man am siebten Tag nicht ruhen? Wir absolvierten heute unsere Mammutetappe, wofür sogar „Koala“ Rainer den Trinkschlauch auffüllte. Im Tal angekommen schritten wir auf breitem Schotterweg zügig durch Wald und Flur, wobei keine Zeitangabe auf den vielen Wegweisern stimmte. Auf der Alm Baumschlagerreith (724 m) stärkten wir uns ausgiebig vor dem Aufstieg über den Salzsteig hinaus aus dem Stodertal. Die Beschreibung dieses Weges in Ulis Heftchen trifft voll zu. Hier verbrauchten wir im steilen Aufstieg über zunächst Schotter, später wurzelige Waldwege und schließlich eine drahtseilgesicherte Passage im Viertakt-Rhythmus (Schritt-Schritt-Schritt-steh...) die längste Zeit.

Oben angekommen (1733m) stand uns nach zwei Stunden Arbeit der Sinn nach einer ausgiebigen Pause, doch aufziehende dunkle Wolken mahnten uns weiter zu laufen. Also gut. Abwärts ging’s weit weniger steil durch Almgelände, wir passierten einige Rinder und die Leistalmhütte (1650m), kamen schließlich an zwei Seen (Schwarzensee (1549m) und Steirer See (1550m)) vorbei, die bei einsetzendem Niesel jedoch nicht zum Baden einluden. Dabei zeigte das Wasser in Ufernähe so attraktive Farbspiele von gelb zu hell- und dunkelgrün! Glücklicherweise war der Regen nicht anhaltend und ergiebig, jedenfalls nicht, bevor wir am Tagesziel, der Tauplitz-Alm bzw. dem Linzer Tauplitzhaus (1.630 m) ankamen.

Bilanz des Tages: 9 Stunden wacker marschiert, für die Etappe und Gruppengröße eine gute Zeit. Philipp D.s Knie überanstrengt, das Lächeln in den Gesichtern der SchülerInnen leicht verkrampft. Als der Hüttenwirt Uli uns als einzigen Gästen aber erlaubte, uns in den Lagern b-r-e-i-t zu machen, als klar wurde, dass es heißes Wasser und Duschen gibt, dazu ein Abendessen mit drei Gängen, entspannten sich die Mienen! Trotz der langen Etappe und Eile, vorm Regen anzukommen: Ein weiterer gelungener Tag!

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Mo., 8.9.

Morgens regnete es nicht mehr und so machten wir uns erfrischt durch die heiße Dusche, erholsame Nacht im geräumigen Lager und das ausgiebige Frühstück mit Brötchen munter auf den Weg. Na ja, die Jugendlichen vielleicht nicht, die beschlossen hatten, lieber wie die Sardinen eng beieinander zu liegen und sich in den Schlaf zu flüstern... Zunächst galt es, den Wanderweg zu finden. Das war gar nicht so einfach auf der Tauplitzalm, die wie eine echte Skiarena mit verschiedenen Liftanlagen und Hütten verbaut ist, die Werbung der vergangenen Saison sollte noch ins Skischulbüro oder zum Jagatee locken.

Wir wanderten zunächst eine Straße entlang, vorbei an Ferienhäusern und jugendlichen Galloway-Rindern beim Kräftemessen. Irritiert, da der Weg eigentlich am Großsee entlang führen sollte, bogen wir schließlich über eine Skipiste (es ist immer wieder deprimierend, Skihänge im Sommer zu sehen) auf einen Wanderweg zu diesem See hinab ein. Der Weg führte uns auch bald immer weiter abwärts, schließlich durch Mischwald, wo der Weg steil bergab ähnlich feucht-rutschig war, wie vor Jahren in der „Faulen Wand“. Gut, dass man sich in den Kehren immer mal an der Vegetation festkrallen konnte, um sich nicht auf den Hosenboden setzen zu müssen. Spätestens hier zeigte es sich, dass Philipp D.s Entscheidung, im Postbus nach Bad Aussee zu fahren, richtig gewesen war. Mit dem überanstrengten Knie wäre er bei diesem Abstieg nur im Schneckentempo vorwärts gekommen und hätte wenig Freude gehabt, um es vorsichtig auszudrücken.

Allerdings ging’s am heutigen Tag nicht nur abwärts. Unterbrochen von einer ausgiebigen Rast im Öderntal (Ödernalm, 1220m), wo ich Frösche aller Größen verfolgte, während die Gruppe an noch verbliebenen Landjäger-Vorräten kaute, ging es zunächst auf Forststraßen weiter, zum Teil durch vollständig den Waldarbeitern zum Opfer gefallene Waldstücke. Die gerodeten Bestände sahen so wüst aus wie nach einem Kettensägen-Massaker. Dann mussten wir ein letztes Mal bergauf wandern durch dampfigen Wald zur Schneckenalm (1152m), wo wir an einer einsamen Waldhütte eine kurze Trinkpause einlegten, bevor wir den endgültigen, brutalen Abstieg nach Bad Aussee antraten. Brutal, weil der Weg mit Schotter aufgefüllt war wie ein Gleisbett, die Brocken fühlte man fast durch die Schuhsohlen. Da der Weg durch Wald führte, lenkten keine Ausblicke auf die Landschaft von der Mühsal ab.

Fast im Tal angekommen gingen wir zum Glück einen kleinen Umweg durch Wiesen, die dicht an dicht mit blasslila Herbstzeitlosen bewachsen waren. Eine Augenweide, an der unsere Karawane aber ohne sie eines langen Blickes zu würdigen etwas verdrossen vorbeimarschierte. Schließlich erreichten wir Gössl am Grundlsee (720m) und bald die entscheidende Haltestelle für den Bus nach Bad Aussee. Nach einem Blick auf den Fahrplan stellten wir fest, dass wir bis zur Abfahrt des Busses noch ziemlich viel Zeit hatten, woraufhin sich Dirk und die Jugendlichen gleich zum Seeufer aufmachten. Uli, Rainer und ich dagegen setzten uns auf eine Bank und genossen es, einfach in Ruhe zu sitzen und Müsliriegel zu essen. Bis der Bus kam, konnte ich sogar endlich meinen Krimi durchlesen.

Die eigentliche Busfahrt nach Bad Aussee war dank des kühnen alpenländischen Busfahrstils recht kurz und wir wurden an der Hauptpost abgesetzt. Das bedeutete leider, dass wir eine steile Straße mit Autoverkehr zum Jugendgästehaus aufsteigen mussten, eine Anstrengung, auf die wir ganz gut hätten verzichten können. Im Gästehaus angekommen erwartete uns eine Notiz, wo unsere Zimmer zu finden seien, zu unserer Freude waren es 2- bis 4-Bett-Zimmer mit Bettwäsche und eigenem Bad. Alle stiegen schleunigst in die Duschen, um sich stadtfein zu machen. Wir Erwachsenen zogen bald los, um in einer Konditorei im Kurpark luxuriös Kaffee zu trinken und Teilchen zu essen, während die Jugendlichen sich aufmachten, für den letzten Abend Vorsorge zu treffen. Zu unserer Erheiterung konnten wir sie, zunächst unentdeckt, von unserem Kaffeetisch aus beobachten, wie sie aus dem gegenüber liegenden Supermarkt auffällig unauffällige Kartons und Tüten wegschleppten. Vermutlich haben sie einfach viel Brot gekauft, harharhar!

Das Abendessen hatten wir im Jugendgästehaus bestellt. Außer uns war noch eine große Kindergruppe anwesend, die aber glücklicherweise in ihren eigenen Räumen aß. Nach dem Essen, das für ein Großküchenessen gar nicht schlecht war, hielten wir die übliche Manöverkritik ab, dann gingen wir zum gemütlichen Teil des Abends mit Wein und Bier über, um die Tour ausklingen zu lassen. Bis in die Nacht standen wir auf einem Balkon in der lauen Nacht und unterhielten uns. Bei der Aussicht auf wenige verbleibende Ferientage und den Abschied aus den Bergen würde man das Ende der Tour am liebsten immer etwas herauszögern...

Am nächsten Morgen schnürten wir ein letztes Mal unsere Bündel, lediglich die Zugrückfahrt stand noch auf dem Programm. Dazu statteten sich alle am Bahnhofskiosk mit Lektüre wie Kicker, Focus und Spiegel aus, in die wir uns – kaum in den Zug um 9.16 Uhr eingestiegen – vertieften. Ohne unangenehme Verzögerung fuhren wir so wohlbehalten zurück in die Heimat. Ich verabschiedete mich in Köln von der Gruppe, die um 21.09 Uhr Düsseldorf Hbf. erreichte. Uli und ich waren uns einig, dass diese Tour durchs Tote Gebirge eine unserer schönsten Touren bisher gewesen ist, wozu auch das gute Wetter beitrug. Ich hoffe, dass wir viele der Teilnehmer auch im nächsten Jahr bei unserer Jubiläumstour wiedersehen werden.

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